Blütentörtchen, Flohmarkt und japanische Sinnsprüche Kirschblütenfest unter Knospen

BONN · Alfons Aigner von der Altstadtinitiative hatte vergebens gehofft. "Das tolle Sommerwetter der vergangenen Tage hat doch nichts mehr gebracht", sagte Aigner. "Dabei haben wir sogar zwei Botaniker zu Rate gezogen, um den richtigen Zeitpunkt zu wählen."

 Besucher bummeln über den Flohmarkt in der Heerstraße, wo die Bäume noch nicht blühen.

Besucher bummeln über den Flohmarkt in der Heerstraße, wo die Bäume noch nicht blühen.

Foto: Barbara Frommann

Die versprochene Blütenpracht von Zartrosa bis Magenta lässt noch ein paar Tage auf sich warten. Dennoch feierten Bewohner und Besucher auf Einladung der Altstadtinitiative am Samstag ihr Kirschblütenfest. Ganz verzichten mussten sie nicht auf die ersten zarten Frühlingsboten. In der Wolfstraße und Im Krausfeld hatten sich bereits einige Knospen geöffnet.

Doch auch ohne die ersehnten Kirschblüten traf man sich zum Bummeln, Handeln oder Tanzen. Es gab Blütentörtchen und Rosé-Sekt, Rosen-Bowle und Kirschblütensouveniers sowie Herzhaftes vom Grill und jede Menge Livemusik. Passend zum Anlass wurden Haikus und Tankas, japanische Sinnsprüche, rezitiert.

Eine Einführung in Aikido brachte den Besuchern die japanische Kampfkunst nach Meister Ueshiba näher. Viele Anwohner hatten Tische vor ihre Häuser gestellt und boten beim Flohmarkt "Schätzchen" aus Keller, Dachboden, Kinderzimmer oder Kleiderschrank zum Kauf an.

Japaner reisen aus Düsseldorf an

Mittendrin Kaito, Hiroto und Sakura. Die japanischen Gaststudenten waren extra aus Düsseldorf angereist, um dieses Naturschauspiel zu erleben. "Natürlich kennen wir die Kirschblüten aus unserer Heimat", antworteten sie lächelnd.

"Aber man hat uns erzählt, dass das hier in Bonn ein einmaliges Schauspiel ist. Ein so dichtes Blütenmeer soll es ja nicht noch einmal geben." Sind sie denn jetzt sehr enttäuscht, dass sich die Knospen noch nicht geöffnet haben? "Nein, ganz bestimmt nicht", sagten sie. "Dann kommen wir nächstes Wochenende noch mal nach Bonn. Hier gibt es ja so viel zu sehen."

Die Kirschblüte in der Altstadt steht bereits im Internet auf der Liste der Orte, die man unbedingt gesehen haben muss. Damit noch mehr Besucher das Schauspiel hautnah erleben, hat Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch bei der Internationalen Tourismusbörse in Berlin kräftig die Werbetrommel gerührt.

"Wir haben mit asiatischen Reiseveranstaltern vereinbart, dass wir sie informieren, sobald sich die Blüten öffnen. Dann werden die Busse mit den ausländischen Touristen auf ihrem Weg von Düsseldorf nach Trier einen Umweg über Bonn nehmen", versicherte er.

Die Altstadt ist heute "bunt und vielseitig"

Bezirksbürgermeister Helmut Kollig erinnert sich noch gut an seine ersten Jahre in der Altstadt. "Als ich 1972 ins Viertel kam, war alles grau. Heute präsentiert sich die Altstadt bunt und vielseitig. Hier pulsiert das Leben, Menschen jeden Alters und verschiedener Herkunft fühlen sich hier wohl", so Kollig. Er ergänzte im Hinblick auf die fehlenden Kirschblüten: "Es ist gut, dass wir die Natur nicht beeinflussen können."

Beim Altstadtflohmarkt verkauften Bewohner auf Tapeziertischen vor der Haustür ihre Schätze. Der achtjährige Adrian Oberschelp trennt sich von Spielzeug. "Das ist das Laserschwert von Darth Maul", erklärt er und ergänzt: "Das ist ein gemeiner Bösewicht bei Star Wars."

Das Schwert des Schattenjägers ist allerdings etwas ganz Besonderes. "Es lässt sich an beiden Seiten verlängern", führt Adrian vor. Er will auch Puzzle und kleine Tierfiguren verkaufen. "Ich hoffe, dass ich so fünf bis acht Euro dafür bekommen", kalkuliert der Achtjährige. "Von dem Geld kaufe ich mir dann neues Spielzeug."

Puppe "Toni" aus den 1950er Jahren ist deutlich anzusehen, dass sie wirklich geliebt worden ist. "Doch jetzt ist es genug", erzählte die ehemalige "Puppenmutter" Heidi Rech. Zusammen mit Toni bot sie an ihrem Stand in der Heerstraße einem Kinderwagen aus dem Jahr 1959 an. "Nicht nur meine Schwester ist in dem guten Stück gefahren worden", berichtete sie.

"Auch meine vierjährige Enkelin Nea habe ich hineingelegt, wenn sie beim mir zu Besuch war und wir hier im Viertel spazieren gegangen sind." Doch jetzt habe sie keine Verwendung mehr für den Wagen. Siegfried Haurand-Brendel ist "süchtig nach Vinyl". Diese Erklärung hätte er sich sparen können, denn das sieht man auf den ersten Blick.

Vor seinem Haus in der Dorotheenstraße bietet er gleich kistenweise Langspielplatten aus den 1950er Jahren bis in die Gegenwart an. Pop, Afro, Jazz und vereinzelt auch deutsche Schlager - rund 30 000 Platten umfasst seine Sammlung. Von einigen "Scheiben" wollte er sich jetzt jedoch trennen, und die "Vinylgemeinde" nahm am Samstag das Angebot dankbar an. Die Kaufinteressenten standen in mehreren Reihen hintereinander. Der Flohmarkt ist vorbei. Wenn sich die Knospen öffnen, gibt es Kirschenblüten pur.

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