Obdachlosigkeit in Bonn Für Ralf ist kein Platz unter der Brücke

Bonn · Der 38-jährige Obdachlose Ralf hatte sich unter der Kennedybrücke wieder häuslich eingerichtet. Doch das passt dem Ordnungsamt nicht.

Ralf war wieder da, und zwar dort, wo er eigentlich nicht mehr sein wollte – und auch nicht mehr sein darf. Der 38-Jährige Obdachlose hatte Ende Oktober wieder Quartier unter der Kennedybrücke bezogen.

Am Montag ließen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes den Platz räumen und sprachen einen Platzverweis aus. Von der Kennedybrücke war der ehemalige Hausmeister, vierfache Vater und ehrenamtliche Feuerwehrmann erst Mitte Oktober zum Start in ein anderes Leben aufgebrochen. Mit seinen Habseligkeiten, verstaut in mehreren Einkaufwagen, zog er in die Wohnung eines Kumpels in Beuel.

Wie der GA berichtete, träumten Ralf und seine Lebensgefährtin Bärbel (Namen geändert), mit der er eine zweijährige Tochter hat, von einer festen Arbeit und einer Wohnung. Unterstützung bekam er von Dirk Scharfen.

Unter der Brücke
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Der 42-jährige Verkehrsmeister der Stadtwerke Bonn hatte eine Art Patenschaft für den Obdachlosen übernommen, der ihm ob seiner Hilfsbereitschaft und seines optimistischen Wesens aufgefallen war. Doch Ralfs Pläne und Ankündigungen erwiesen sich als gescheitert oder „pure Lippenbekenntnisse“, wie Scharfen ernüchtert resümierte.

Die Wohnung in Beuel habe er wieder räumen müssen, weil der Kumpel „allein sein wollte“, so Ralf. Ende Oktober richtete er sich dann wieder häuslich ein unter der Kennedybrücke. Am Montag ließen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes den Platz räumen und sprachen einen Platzverweis aus. Der Konflikt mit dem Ordnungsamt hatte sich lange abgezeichnet, denn Ralf hatte dort schon seit dem Sommer campiert.

Voraussetzung des Ordnungsamtes

„Der Stadtordnungsdienst toleriert es im Allgemeinen, wenn Obdachlose sich an schutzbietenden Stellen aufhalten“, erklärt Andrea Schulte vom Presseamt der Stadt. Voraussetzung sei allerdings, dass sie dort auch niemanden störten.

Als Störenfried war Ralf zwar wohl eher weniger in Erscheinung getreten. Allerdings hatte er jede Menge Hausrat und andere Utensilien in seiner Schlafstatt unter der Brücke zusammengetragen, um sich dort das Leben etwas gemütlicher zu gestalten, wie er erklärt.

Die Stadt sieht dies allerdings kritisch

„Sofern Obdachlose über ein paar Habseligkeiten hinaus größere Mengen an Gegenständen an einer Stelle horten oder sich eine Art Behausung bauen, schreitet der Stadtordnungsdienst ein“, stellt Schulte klar. „Dann liegt ein Verstoß gegen die Straßenordnung vor, nach der es verboten ist, wild zu campieren und Gegenstände zu lagern.“

In solchen Fällen würden Obdachlose aufgefordert, die Gegenstände zu entfernen oder zu entsorgen. Geschieht dies nicht, „wird die Lagerstätte durch den Stadtordnungsdienst geräumt“. In Wiederholungsfällen werde ein zeitlich befristeter Platzverweis verhängt und durchgesetzt. Der gelte in der Regel einen Tag.

Genau das passierte am Montag

Nachdem das Ordnungsamt Ralf eine Frist gesetzt hatte, sein Camp unter der Brücke bis 12 Uhr zu räumen, kamen mittags zwei Mitarbeiter zur Kontrolle. Eine Aufforderung, ihm zwei Stunden Fristverlängerung zu gewähren, damit seine Lebensgefährtin beim Packen helfen konnte, erteilte die Leitstelle des Ordnungsamtes eine Absage.

Zu oft hatte man wohl schon auf ähnliche Versprechungen vertraut. Nach anfänglichen lautstarken Protesten und Vorwürfen machte Ralf sich dann alleine ans Beladen der Einkaufswagen. Zwei Wagen durfte er mitnehmen, alles andere ließ das Ordnungsamt aufladen und entsorgen – inklusive der wilden Toilette.

Und Ralf? Der verließ erst einmal das Areal – um nach wenigen Stunden mangels Alternativen wieder unter der Brücke zu campieren. Warum er das Nächtigen unter freiem Himmel in einem Bundeswehrschlafsack bei Temperaturen um den Gefrierpunkt einem Bett in einer Notunterkunft weiterhin vorzieht? „Ich würde schon in das Prälat-Schleich-Haus gehen, aber wo soll ich meine ganzen Sachen lagern?“, hält Ralf anfangs noch dagegen.

Unterstützung durch das Prälat-Schleich-Haus Bonn

Am Dienstag folgt dann die Einsicht: „Okay, ich rufe beim Prälat-Schleich-Haus an, weiß aber nicht, ob sie mich nehmen.“ Der 38-Jährige Obdachlose ist nach GA-Informationen kein Unbekannter in der Szene, und schon oft durch Aufsässigkeiten und Unbeherrschtheiten aufgefallen. Dann kam aber doch noch eine gute Nachricht.

Mechthild Greten, Sprecherin des Bonner Caritasverbandes, der auch Träger der Einrichtung ist, teilte mit:

„Er kann kommen. Wir versuchen es noch einmal mit ihm“. Ob Ralf nun begreift, dass dies nochmals eine Chance ist, einem Leben unter der Brücke zu entkommen? Scharfen hat inzwischen seine Zweifel.

Wer welche Hilfe im Prälat-Schleich-Haus bekommt, darüber sprach Axel Vogel mit Mechthild Greten vom Bonner Caritasverband, der auch Träger des Hauses ist.

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