Bonner Wohnungspolitk Vier Wochen keine städtische Wohnungsvermittlung

Bonn · Peter Kox traute seinen Augen nicht, als er neulich die Website der Stadt Bonn aufrief. Dort meldete die Verwaltung, aufgrund von Personalmangel könne sie „auf unbestimmte Zeit“ keine aktive Wohnungsvermittlung leisten. Frei werdende geförderte Wohnungen würden zurzeit direkt von den Eigentümern an wohnberechtigte Haushalte vermietet.

Bei rund 3000 Wohnungssuchenden mit Wohnberechtigungsschein, darunter viele dringliche Fälle, ist das ein Unding, kritisiert der Stadtverordnete und Sozialexperte der SPD, Peter Kox. Empört wandte Kox sich deshalb in einem Schreiben an Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU). Gestern hieß es aus dem Stadthaus, eine der beiden Stellen zur Wohnungsvermittlung sei wieder besetzt. Die Meldung auf der Website war da bereits gelöscht.

Die Stellen seien seit dem 24. März vakant gewesen, teilte Stefanie Zießnitz vom städtischen Presseamt auf GA-Nachfrage mit. Ein Mitarbeiter sei erkrankt gewesen, er sei gestern wieder an den Arbeitsplatz im Wohnungsamt zurückgekehrt. Die andere Stelle müsse neu ausgeschrieben werden, weil der bisherige Mitarbeiter versetzt worden sei. Laut Zießnitz wurden 2014 rund 700 und im vorigen Jahr 878 Wohnungen an Suchende vermittelt.

Kox und der SPD-Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Mieterbunds, sind trotzdem besorgt: „Das scheint ein grundsätzliches Problem im Wohnungsamt zu sein, dass das Personal auf Kante genäht ist und die soziale Wohnraumversorgung nicht kontinuierlich sichergestellt werden kann“, klagte Kox. „Es ist schlicht inakzeptabel, den Eigentümern die Vermietung frei werdender geförderter Wohnungen zu überlassen“, kritisiert er in dem Schreiben an den OB. Und erinnert daran, dass die Stadt Bonn mangels eigener Sozialwohnungen für viel Geld Belegungsrechte für derzeit rund 10.000 Wohnungen erworben habe.

Eigentümer nutzen die Wohnungsnot aus

„Doch sicher nicht, damit sich Eigentümer Wohnungssuchende ihrer Wahl aussuchen können, während womöglich von größeren sozialen Härten betroffene Familien auf der Strecke bleiben“, so Kox. Darunter seien zum Beispiel Familien, die vom Jobcenter angewiesen worden seien, sich kleinere Wohnungen zu suchen oder andernfalls den Mietanteil, der über die gewährte Mietzahlung hinausgehe, aus ihrem ohnehin schmalen Budget zuzuzahlen.

Ein weiteres Problem sei, dass viele Wohnungseigentümer die Wohnungsnot ausnutzten und „wahre Schimmelbuden“ vermieteten, wie in einer Anlage am Schweidnitzer Weg in Tannenbusch. Dagegen solle eigentlich das Wohnungsaufsichtsgesetz helfen, das der Stadt die Möglichkeit gebe, Ordnungsverfügungen gegen diese Vermieter zu erlassen, erklärte Kox.

In einem besonders skandalösen Fall am Schweidnitzer Weg habe die Stadt dem Mieterbund jetzt mitgeteilt, dass frühere Gutachten zu den Wohnverhältnissen dort nicht herausgegeben werden könnten, weil der zuständige Sachbearbeiter nicht mehr für die Wohnungsaufsicht zuständig, sondern im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte eingesetzt sei.

„Dies alles ist eine Bankrotterklärung der städtischen Wohnungspolitik“, klagt von Grünberg und wirft dem Rat vor, den Wohnungsbau nicht als ein zentrales Problem in Bonn zu begreifen. Dazu komme die personelle Belastungssituation in der Verwaltung, die nicht vom Himmel gefallen sei, kritisieren er und Kox. Das sei aber nicht der Sozialverwaltung anzukreiden, sondern dafür trage Personaldezernent Wolfgang Fuchs (CDU) die Verantwortung.

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