Autofähre "Siebengebirge" vor Texel gesunken Alter Eigentümer der Rheinfähre ist fassungslos

Bonn · Nach dem Untergang der alten Rheinfähre "Siebengebirge" vor der Insel Texel äußert sich der alte Eigentümer verwundert. Er wähnte das Schiff auf dem Weg nach Südamerika. Den Transportversuch über die Nordsee hält er für ausgesprochen riskant. Ein Augenzeuge hatte dem GA über Probleme beim Verlassen des Hafens geschildert.

Der Untergang der ehemaligen Rheinfähre „Siebengebirge“ am Sonntagmorgen vor Texel hat bei ihrem alten Eigentümer in Bad Honnef Fassungslosigkeit ausgelöst. Frank Eschbach, Geschäftsführer der Fährgesellschaft Honnef Pool GmbH & Co KG, wähnte das unbemannte Schiff auf dem Weg nach Surinam in Südamerika. Stattdessen war die Fähre mit einem polnischen Schlepper nach Finnland unterwegs. Unterwegs erhielt sie Schlagseite und sank westlich von Texel.

Seitdem die alte „Siebengebirge“ im Sommer 2015 von ihrer Nachfolgerin als Fährschiff zwischen Bad Honnef und Rolandseck abgelöst worden war, habe das Schiff an einer Anlegebrücke in Königswinter gelegen, berichtete Eschbach am Dienstag dem General-Anzeiger. In dieser Zeit hätten zwei Maklerbüros nach einem Käufer gesucht.

Fähre sollte eigentlich nach Panama gebracht werden

Vor einigen Wochen meldete eines der Büros dann, dass ein Käufer aus Panama gefunden worden sei, der die Fähre bei einem Bauprojekt in Surinam einsetzen wolle, um Fahrzeuge zu transportieren. Am 21. April sei die Fähre dann – nachdem Eschbach den Kaufpreis erhalten hatte – von einem niederländischen Schiff in Königswinter abgeholt und im Koppelverband ohne Probleme nach Rotterdam geschleppt worden. Dort sollte sie dann eigentlich auf ein Spezialschiff nach Südamerika verladen werden.

„Ich kann mir nicht erklären, warum die Fähre stattdessen nach Finnland unterwegs war“, sagt Eschbach. Die Fähre mit einem Schlepper über die Nordsee zu transportieren, hält er für ausgesprochen riskant, zumal das Meer am Sonntagmorgen bei drei bis vier Meter hohen Wellen sehr unruhig gewesen sein soll.

Die Fähre sei schließlich wie eine Schale, und nicht wie ein Ponton gebaut und laufe daher voll Wasser, wenn sie gezogen werde. „Sie hätte auf jeden Fall mit einem Schiff transportiert werden müssen. Wer das gemacht hat, war nicht sorgfältig“, so Eschbach. Diese Einschätzung sieht er auch durch die Fotos des sinkenden Schiffes bestätigt: „Die Löcher in den Seitenwänden sind nicht ordnungsgemäß zugeschweißt worden.“

Verlangsamte Weiterfahrt nach erstem Wasserschlag

Dazu passt ein Augenzeugenbericht, der den General-Anzeiger am Montag erreichte. Bereits beim Verlassen des Hafens in Rotterdam habe es massive Probleme gegeben. „Eigentlich hätte man zurückfahren müssen“, teilte Ralf Gierke aus Graal-Müritz an der Ostsee dem GA mit.

Ralf Gierke, der eigentlich an der Ostseeküste in Graal-Müritz wohnt, hatte die Überführung der "Siebengebirge" in Rotterdam beobachtet und schon kurz nach dem Auslaufen ein ungutes Gefühl, dass die Überfahrt wohl nicht optimal laufen würde. Direkt nach den Molen hätte das Schiff zu kränken begonnen. „Bereits nach dem Verlassen des schützenden Hafens gab es den ersten Wasserschlag, der die Fähre fast zum Kentern brachte“, so der Augenzeuge. Daraufhin habe der polnische Schlepper die Fahrt jedoch, wenn auch verlangsamt, fortgesetzt.

Nachdem die alte Rheinfähre fast drohte zu kentern, habe der Schlepper vorsorglich etwas Fahrt abgenommen. So konnte sich die Lage der Fähre wieder stabilisieren. "Nach einiger kurzer Verharrungszeit setzte der Schleppverband seine Reise fort", so Gierke. Doch es blieb nicht bei der einen heiklen Situation für die "Siebengebirge". Im Laufe der weiteren Fahrt bekam die Fähre erneut Schlagseite.

Auf Bitten der Küstenwache änderte der Schlepper mit der Fähre schließlich seinen Kurs und versuchte, die Schifffahrtsroute in Richtung der friesischen Insel Texel zu verlassen. Gleichzeitig wurden Hilfskräfte aus Den Helder mit dem Rettungsboot "Joke Dijkstra" zu der Unglücksstelle geschickt. Doch als diese die "Siebengebirge" erreichten, war es bereits zu spät: Vor den Augen der Rettungskräfte sank die ehemalige Rheinfähre in den Fluten der Nordsee. Glücklicherweise war sie unbemannt, so dass niemand zu Schaden kam.

Große Betroffenheit bei der Besatzung

Laut Eschbach ist die Betroffenheit bei der Besatzung und deren Familien, die mit der Fähre zwischen 1969 und 2015 groß geworden sind, groß. „Die Siebengebirge ist ja immer tadellos gefahren. Es hat nur eine Havarie gegeben.“ Im Juli 2013 war die Fähre nach einem Maschinenschaden antriebslos auf dem Rhein getrieben und musste von einem Rettungsschiff zum Anleger nach Bad Honnef gezogen werden. „Das war damals auch ausschlaggebend für den Neubau, weil die Sicherheit eben nicht mehr zu hundert Prozent gegeben war“, sagt Eschbach. Die neue „Siebengebirge“, die in der Mondorfer Lux-Werft gebaut wurde, hat vier Antriebe – doppelt so viele wie das alte Schiff. Sie kann auch 21 Autos transportieren, die alte Fähre schaffte nur zwölf.

Wie eine Ironie des Schicksals könnte man es empfinden, dass „Rheinhilde“, die Vorgängerin der „Siebengebirge“, im Jahr 1990 bei einer geschleppten Überführungsfahrt im Mündungsbereich der Elbe in die Nordsee ebenfalls sank. Sie wurde danach jedoch nicht ausgemustert. „Sie tut heute noch ihren Dienst in Ostdeutschland“, sagt Eschbach. Deshalb will er auch die „Siebengebirge“ noch nicht abschreiben: „Das kommt darauf an, wie groß der Schaden ist und wie solvent der Investor ist.“ 48 Jahre seien für eine Fähre kein Alter.

An der Unglücksstelle wurde kurz nach dem Untergang der "Siebengebirge" ein roter Ballon abgesetzt. Er soll nun andere Schiffe warnen. Wann die Fähre geborgen werden kann, ist nach Angaben der Küstenwache noch unklar. Klar ist jedoch, dass das Sinken der "Siebengebirge" ein Nachspiel haben wird: So haben die niederländischen Behörden eine offizielle Untersuchung eingeleitet. Da die Fähre nicht seetüchtig ist, wollen die Behörden nun herausfinden, wer dafür verantwortlich ist, dass eine Binnenfähre durch die Nordsee geschickt wurde.

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