Betreiber überrascht Jugendzeltplatz in Schweinheim soll schließen

Schweinheim · Der Jugendzeltplatz am Waldrand von Schweinheim soll geschlossen werden. Der Trägerverein des Platzes ist von den Absichten der Stadt überrascht. Der Vorsitzende wurde nur beiläufig darüber informiert.

Eigentlich hatte Hermann Pordzik Anfang des Jahres vom Jugendamt nur eine Betriebskostenabrechnung für den Jugendzeltplatz Bonn prüfen lassen wollen. Pordzik ist Vorsitzender des Vereins, der den Platz betreibt. „Aber dann stand lapidar unten auf dem Schreiben quasi die Kündigung des ganzen Projekts“, erzählt der 60-Jährige im Gespräch mit dem GA.

Es habe immer schon mal im Raum gestanden, dass die Zuschüsse gekürzt würden, aber nie das Aus für den Jugendzeltplatz am Waldrand von Schweinheim. Dabei wurde die Schließung zum Jahr 2022 scheinbar schon bei den Haushaltsberatungen 2014 angedacht. Seitdem steht der Jugendzeltplatz nämlich auf der so genannten K-Liste. Nur scheint das den Verantwortlichen niemand aus Politik und Verwaltung mitgeteilt zu haben. Erst im März 2019 tat dies ein Jugendamtsmitarbeiter: „In Bezug auf die von Ihnen ebenfalls angesprochene künftige Entwicklung des Jugendzeltplatzes kann ich Ihnen mitteilen, dass das Mietverhältnis zum 31.12.2021 endet und beabsichtigt ist, den entsprechenden Miet- und Fördervertrag fristgerecht zu kündigen.“

Dazu muss man wissen: Seit 1990 gibt es einen Betriebskostenvertrag mit der Stadt, zudem einen Mietvertrag für das städtische Grundstück, das rund 10.000 Quadratmeter groß ist. „Die jährlichen Zuschüsse liegen bei rund 50.000 Euro, allerdings zahlen wir 17.000 Euro Miete, so dass es real nur 33.000 Euro sind“, rechnet Pordzik vor. In einer städtischen Unterlage ist von 65.000 Euro Zuschüssen die Rede, abzüglich der Miete. Der Verein suchte daraufhin das Gespräch mit Jugendamtschef Udo Stein; vor drei Wochen fand es statt. „Danach waren wir noch deprimierter als vorher, da uns einfach nur gesagt wurde, es gebe das Haushaltssicherungskonzept und fertig“, so der ehrenamtliche Vorsitzende, der selbst ein alter Pfadfinder ist.

17 Jahre Leiter des Jugendzeltplatzes

Ziemlich ratlos hat der ganze Vorgang Jürgen Herrmann gestimmt, seit 17 Jahren Leiter des Jugendzeltplatzes an der Venner Straße. „Das Jugendamt ist doch eigentlich dazu da, Jugendarbeit zu fördern und nicht kaputtzumachen“, meint er kopfschütteln. Dass er diese vor Ort leistet, belegen für den 58-Jährigen nicht zuletzt Zahlen: „Wir haben kontinuierlich 10.000 Besuchertage pro Jahr, haben ganzjährig geöffnet und sind quasi bis Ende 2021 ausgebucht.“ 81 Prozent der Gruppen kämen aus Bonn, darunter Kitas, Schulklassen, Verbände, Pfadfinder, Familien. Was macht er, wenn jetzt Anfragen darüber hinaus kommen? „Wir haben bereits erste Reservierungen, aber ich kann erst mal alle nur auf eine Liste schreiben“, sagt der Leiter.

Er ist fest beim Verein angestellt, hatte früher noch einen Zivildienstleistenden. „Seit dem Wegfall des Wehrdienstes nicht mehr. Manchmal helfen mir Leute, die Sozialstunden leisten müssen.“ Nicht nur sie würden von den Erlebnissen auf dem Zeltplatz viel mitnehmen. „Wir sind ein Treffpunkt in Godesberg, das oft geforderte Multikulti findet bei uns jeden Tag statt. Wenn links das Halal-Fleisch auf dem Grill liegt und rechts anderes, ist das auch eine Form von sozialem Lernen“, glaubt der studierte Sozialpädagoge. Vor drei Jahren habe man die Struktur geändert, noch mehr Wert auf Gruppen aus Bonn gelegt und die niedrigen Preise etwas angezogen. Pordzik, der seit 25 Jahren die Vereinsgeschicke leitet, sagt deshalb: „Ich finde den Schritt der Stadt nicht begründet.“

Erste Unterstützung für den Verein gibt es in Form einer Großen Anfrage der SPD an die Stadt für den Jugendhilfeausschuss am 17. September. „Es ist unser Ansinnen, den Platz auf jeden Fall zu erhalten“, sagt Ratsmitglied Dörthe Ewald auf Anfrage. Ihrer Einschätzung nach müsste das auch möglich sein, mit einem kleinen Griff in die Haushaltstrickkiste: „2018 haben wir aus dem Jugendhilfeetat eine Million Euro nicht ausgegeben, was meist an den Haushalt als normale Schuldentilgung zurückfällt“, so die Ratsfrau. Gelder wie diese seien also zwecks Zukunftssicherung in den Blick zu nehmen. Aber Ewald betont auch: „Es ist letztlich eine Entscheidung der Politik.“ Auf Anfrage teilte die Stadt mit, man könne keine Antworten zum Jugendzeltplatz geben, da die Stellungnahme noch erarbeitet werde. „Konkrete Pläne für eine Vermarktung des Geländes bestehen bisher nicht“, so Isabel Klotz vom Presseamt.

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