Reaktion auf Coronavirus Aufführungen in Bonner Oper und Schauspielhäusern abgesagt

Bonn · Die Stadt Bonn reagiert auf die aktuelle Corona-Krise mit der Absage sämtlicher Veranstaltungen mit mehr als Tausend Besuchern. Betroffen sind teils auch kleinere Veranstaltungen sowie Aufführungen in der Oper und den Schauspielhäusern. Mit Sorge blickt die Stadt auf den kommenden Marathon und Rhein in Flammen.

 Symbolfoto.

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Foto: Volker Lannert/Volker Lannert,

. Die Stimmung bei der Pressekonferenz im Bonner Stadthaus war verhalten. Egal, wer von der Verwaltung am Mittwoch das Wort ergriff: Die Formulierungen waren stets „traurig“, „tragisch“ und „schmerzhaft“. Denn der Erlass, den die NRW-Landesregierung veröffentlicht hat, schränkt das öffentliche Leben massiv ein: Alle Veranstaltungen mit mehr als Tausend Teilnehmern müssen demnach abgesagt werden, um zu verhindern, dass sich das Coronavirus weiter ausbreitet. „Und das sind in Bonn eine ganze Menge, vor allem im Beethovenjahr“, sagte Oberbürgermeister Ashok Sridharan.

Als womöglich letztes Schlupfloch für Post-Marathon, Rhein in Flammen oder auch die Hofgartenkonzerte sieht er die Befristung des Erlasses. „Derzeit ist er unbefristet, weshalb alle diese Großveranstaltungen abgesagt werden müssten.“ In Bayern gelte er beispielsweise nur bis zum Ende der Osterferien. Inwieweit Nordrhein-Westfalen nachziehe, wolle man bis zum Ende der Woche klären. „Aber ich gehe davon aus, dass sich die Lage bis Ende April noch nicht beruhigt haben wird“, sagte Sridharan.

Den Erlass wird die Stadt über eine sogenannte ordnungsbehördliche Allgemeinverfügung umsetzen, wie Ordnungsamts-Chef Günter Dick erklärte. „Wir können das nicht individuell bescheiden, weil es auch viele private Veranstaltungen mit mehr als tausend Gästen gibt, zum Beispiel Hochzeiten.“ Mit den Vermietern passender Räumlichkeiten sei man in engem Kontakt. „Wir arbeiten jetzt mit der Priorität, was als nächstes ansteht“, sagte Dick. Auch Demonstrationen seien davon betroffen. Im Krisenstab, in dem auch die Polizei sitzt, habe man sich bereits ausgetauscht. „Da Demonstrationen bei ihr angemeldet werden müssen, ist die Kontrolle einfach.“

Für Veranstaltungen mit weniger als 1000 Teilnehmern will die Stadt eine Checkliste mit einem Punktesystem erarbeiten, die helfen soll, die Gefahr einzuschätzen. „Kriterien sind unter anderem das Alter der Besucher, wie dicht sie beisammen stehen oder auch die Möglichkeit, sie namentlich festzuhalten“, sagte Sridharan. Betroffen ist auch das Theater Bonn. Wie Intendant Bernhard Helmich erläuterte, sind zunächst bis einschließlich Sonntag alle Veranstaltungen in Oper, Schauspiel und Werkstattbühne abgesagt – ebenso wie die Frühjahrsausgabe des Beethovenfestes in diesem Monat. „So schrecklich es ist, verstehe ich die Gesamtstrategie und halte sie für richtig. Bleibt nur zu hoffen, dass die Situation im September besser ist“, sagte Beethovenfestspiel-Intendantin Nike Wagner.

Das Beethoven-Orchester hat bereits mehrere kleinere Veranstaltungen in den nächsten Tagen ersatzlos gestrichen, auch wenn dort weniger als tausend Gäste erwartet werden. „Uns erschließt sich nicht, warum man sich unter 999 Menschen weniger anstecken soll als unter 1001. Wenn sich der Peak dadurch verhindern lässt, dann ist das das Mindeste“, so Generalmusikdirektor Dirk Kaftan.

Wie mit möglichen Schadensersatzforderungen bei abgesagten Veranstaltungen umgegangen wird, sorgt bei der Stadtverwaltung weiterhin für Schulterzucken. Es gehe um Einnahmenverluste in Millionenhöhe, bei denen auch das Theater Bonn in eine finanzielle Schieflage geraten könne, wie Stadtdirektor Wolfgang Fuchs erklärte. „Wir sehen das Land in der Pflicht und hoffen, dass eine bundeseinheitliche Regelung erarbeitet wird.“

In den Köpfen bereiten sich die Veranstalter von Bonner Großevents bereits auf drohende Absagen vor, auch wenn es noch keine für den Sommer gibt. „Ich habe Angst davor, dass die Leute Angst haben und keine Karten mehr kaufen“, sagte Julian Reininger vom Green Juice Festival. „Denn wenn keiner Karten kauft, dann findet das Festival auf keinen Fall statt.“ Man garantiere den Besuchern, den Ticketpreis notfalls zu erstatten.

Sandro Heinemann, der das Panama Open Air in der Rheinaue veranstaltet, hat im Falle einer Absage bereits einen Ausweichtermin im September im Blick. „Die Branche steht vor ernsthaften Problemen. Wenn nicht nach Lösungen gesucht wird, haben wir in Bonn nächstes Jahr nur noch die Hälfte an Veranstaltungen, weil die Hälfte der Veranstalter Pleite ist.“ Versicherungen gegen Pandemien wie das Coronavirus hätten die Wenigsten. „Und jetzt bekommt man auch keine mehr.“

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