Auseinandersetzung in Bonn Schlägerei am Hauptbahnhof wurde nicht aufgezeichnet

Bonn · Nach der Auseinandersetzung am Bonner Hauptbahnhof zwischen Rechten und Linken gibt es Kritik von den Ermittlern der Polizei. Die dortigen Kameras haben kein verwertbares Material aufgezeichnet. Das erinnert an das Beinahe-Attentat im Jahr 2012.

Überwachungskameras sind am Hauptbahnhof zwar installiert, verwertbare Bilder des Vorfalls vor einer Woche haben sie nicht geliefert.

Überwachungskameras sind am Hauptbahnhof zwar installiert, verwertbare Bilder des Vorfalls vor einer Woche haben sie nicht geliefert.

Foto: Benjamin Westhoff

Knapp zwei Wochen nach dem Vorfall im Bonner Hauptbahnhof, bei dem es am Samstag, 16. November, gegen 18 Uhr zu einem Großeinsatz der Polizei gekommen war, sind noch einige Fragen offen. Die Bonner Polizei spricht inzwischen laut ihrem Sprecher Robert Scholten allerdings nicht mehr von einer Massenschlägerei, wie es zunächst von der Pressestelle kommuniziert worden war. Jetzt heißt es offiziell, Mitglieder rechter und linker Gruppierungen seien „aneinandergeraten“, die Lage drohte zu eskalieren.

Das hätten Aufzeichnungen von in einem Zug installierten Kameras sowie von privaten Handys ergeben. Kein verwertbares Material habe die Polizei von den im Hauptbahnhof installierten Videokameras erhalten können. Das hat nach GA-Informationen in Ermittlerkreisen zu Kritik und Unverständnis  geführt. Die Staatsanwaltschaft, der laut ihrem Sprecher Sebastian Buß seit Mittwoch das Bildmaterial sowie Zeugenaussagen vorliegen, ermittelt nun gegen Unbekannt.

Am vorigen Sonntag hatte die Polizei mitgeteilt, dass Beamte der Bundespolizei mit Unterstützung der Bonner Polizei mit einem Großaufgebot am Bonner Hauptbahnhof im Einsatz gewesen seien, weil es dort zu Auseinandersetzungen nach einer rechten und linken Demonstration in Remagen bei der Rückreise mit dem Zug gekommen sei. Laut Mitteilung der Bundespolizei handelte es sich um 100 Personen, von denen 20 der rechten Szene zuzurechnen waren, während die übrigen 80 Beteiligten linken Gruppierungen angehörten.

Bei den Tumulten am Bonner Hauptbahnhof kam es zu einem Großeinsatz der Polizei

Bei den Tumulten am Bonner Hauptbahnhof kam es zu einem Großeinsatz der Polizei

Foto: Max Mühlens

Kein Videomaterial

Für Kritik und Kopfschütteln in Ermittlerkreisen sorgt indes der Fakt, dass der Polizei von den Videokameras im Hauptbahnhof  kein verwertbares Material zu den Geschehnissen am Samstag zur Verfügung gestellt werden konnte. Das erinnere an den Fall vor sieben Jahren, als nach einem versuchten Bombenanschlag im Bonner Hauptbahnhof bekannt wurde, dass die Videokameras dort keine Bilder von dem Beinahe-Attentat aufgezeichnet hatten, hieß es.

Damals konnte einer der Täter nur dank eines Videos gefasst und verurteilt werden, das eine der im McDonald’s-Restaurant am Bahnsteig 1 installierten Kameras aufgezeichnet hatte (siehe Infokasten). Damals hatten Bahn und Bundespolizei zugesagt, die Videokontrolle auf dem Bonner Hauptbahnhof zu verbessern. Es liege im gemeinsamen Interesse, die Sicherheit auf den Bahnhöfen bestmöglich zu gewährleisten, lautete dazu eine gemeinsame Erklärung.

Auf GA-Anfrage, wie viele Videokameras heute im Hauptbahnhof installiert sind und warum es schon wieder keine für die Polizei verwertbaren Aufzeichnungen der am Bahnsteig 1 installierten Kameras gab, antwortete Jens Flören von der Bundespolizei am Donnerstag wie folgt: „Haben Sie bitte dafür Verständnis, dass ich Ihnen die Anzahl der am Bonner Hauptbahnhof eingesetzten Kameras aus einsatztaktischen Gesichtspunkten nicht nenne.

Alle Kameras sind und waren auch am 16. November 2019 funktionstüchtig. Der Umstand, dass die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Sachverhalt am 16. November 2019 nicht durch eine Videokamera erfasst und/oder aufgezeichnet wurden, hängt mit den Baustellenbereichen beziehungsweise Schutzwänden zusammen.“ Flören weiter: Der Bonner Hauptbahnhof verfüge über eine moderne Videoüberwachungsanlage mit einem eigens auch für die Bundespolizei eingerichteten „Videoarbeitsplatz“.

Baustelle verhindert Videoüberwachung

Über diesen  könne sowohl auf „Livebilder“ für Zwecke der polizeilichen Gefahrenabwehr als auch auf gespeicherte Bilder/Videos für Zwecke der Strafverfolgung unmittelbar zugegriffen werden. „Alle Kameras sind funktionstüchtig und für den Fall der Fälle, dass eine Kamera defekt werden sollte, ist das Verfahren für eine schnellstmögliche Instandsetzung mit der DB AG klar definiert“, versicherte Flören.

Mit Blick auf die gegenwärtigen umfangreichen Baumaßnahmen im Bonner Hauptbahnhof, einhergehend mit den aus Gründen der Bausicherheit aufgestellten Schutzwänden, sei indes vorübergehend keine lückenlose Videoüberwachung im Bonner Hauptbahnhof möglich. Es sei sichergestellt, dass die temporär durch Baumaßnahmen nicht videoüberwachten Teilbereiche sukzessive kameraüberwacht würden. Die DB äußerte sich trotz GA-Anfrage zum Sachverhalt nicht, sondern verwies auf die Stellungnahme der Bundespolizei.

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