Erweiterter City-Ring Das denken Anwohner über die neue Verkehrsführung

Bonn · Die neue Verkehrsführung für den City-Ring beginnt erst am Montag, weil der Stadt die Schilder fehlen. Die Diskussion über den City-Ring bleibt derweil lebendig. Anwohner verfolgen die Entwicklung mit skeptischem Interesse.

 Ein Wagen biegt an der Ampel vom Belderberg nach rechts in die Rathausgasse ein. Das darf er, wenn er einem Anlieger oder Lieferanten gehört.

Ein Wagen biegt an der Ampel vom Belderberg nach rechts in die Rathausgasse ein. Das darf er, wenn er einem Anlieger oder Lieferanten gehört.

Foto: Benjamin Westhoff

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Das muss bislang zumindest feststellen, wer sich seit dem Jahreswechsel ein Bild von der neuen Verkehrsführung am Stockentor machen will. Statt am 1. Januar, wie vom Rat beschlossen und von der Verwaltung per Pressemitteilung kurz vor Weihnachten angekündigt, soll die nächste Stufe des Tests für den erweiterten Cityring in diesem Bereich nun am kommenden Montag beginnen. Als Grund für die Verzögerung nannte die Stadtverwaltung am Donnerstag den Umstand, dass die Firmen, die mit der Beschilderung betraut sind, erst am Montag verfügbar seien.

Das erklärt, warum auch von einer Beschilderung der veränderten Regelung bislang nichts zu sehen ist. Somit läuft der Verkehr bis zum kommenden Montag weiter regulär durch die Stockenstraße auf die Straße Am Hof. Das wird sich mit Stufe zwei der Testphase für den erweiterten City-Ring jetzt ändern: Dann werden Autofahrer durch das Stockentor nur noch in die Marktgarage hineingelangen – oder aber, wie bereits jetzt, nach rechts in die Franziskanerstraße abbiegen können. Die Weiterfahrt in Richtung Altes Rathaus ist ihnen verwehrt, weil die Fahrbahn auf der Stockenstraße aufgrund der umgedrehten Einbahnstraße dann dem Gegenverkehr aus der Rathausgasse gehört. Der dürfte sich – zumindest nach geltender Regel – auf den Rad- und den aus der Rathausgasse kommenden Lieferverkehr beschränken.

 Ab Montag kann die Stockenstraße aus Richtung Süden nur bis zur Marktgarage befahren werden. Die Durchfahrt gehört dann dem Gegenverkehr.

Ab Montag kann die Stockenstraße aus Richtung Süden nur bis zur Marktgarage befahren werden. Die Durchfahrt gehört dann dem Gegenverkehr.

Foto: Benjamin Westhoff

Gleichwohl waren auch am Donnerstag weiterhin pro Ampelphase ein bis zwei Personenfahrzeuge zu beobachten, die entgegen der Regel und trotz Beschilderung vom Belderberg nach rechts in die Rathausgasse einbogen.

Der Polizist, der das Geschehen am Donnerstagmittag vom Bischofsplatz aus beobachtete, musste somit zumindest den Autofahrern auf der Stockenstraße noch keine Nachhilfe zur neuen Verkehrsführung erteilen. Und auch bei jenen Radfahrern, die Am Hof und auf der Stockenstraße entgegen der Einbahnregelung unterwegs waren, schien er es bei einer behutsamen Belehrung zu belassen.

Derweil sehen die Anlieger den Änderungen mit skeptischem Interesse entgegen. An die regelmäßigen Staus vor der Tiefgarageneinfahrt, die sich samstags zuweilen auch bis in den Hofgarten ziehen, denkt beispielsweise Antje Moecke, Inhaberin des Reisebüros Haase-Reisen. „Wer in der Schlange steht und eigentlich in die Franziskanerstraße abbiegen will, hat Pech. Wenn jetzt noch Gegenverkehr hinzukommt, der ebenfalls in die Franziskanerstraße möchte, ist das Chaos vor dem Stockentor doch programmiert“, prognostiziert sie. Nichts ändern werde sich mutmaßlich an der Frequenz, in der sie die Schaufensterscheibe ihres unmittelbar an der Rampe zur Marktgarage gelegenen Geschäfts putzen muss: Der Ruß darauf, erzählt sie, sei sozusagen mit Händen zu greifen. Die Sonderregeln für die Radfahrer für Rathausgasse (Durchfahrerlaubnis) und Franziskanerstraße (freie Fahrt auch gegen die Einbahnstraße) lobt unterdessen Johannes Roth – und das nicht nur, weil er im Viktoriakarree ein Fahrradgeschäft betreibt, wie er betont. „Uns Geschäftsleuten ist zunächst einmal wichtig, dass wir für Kunden und Lieferanten erreichbar bleiben und die Ladenzeilen womöglich noch eine Aufwertung erfahren“, sagt Roth. Für gefährlich halte er das Rechtsabbiegen für Radfahrer vom Belderberg in die Franziskanerstraße, weil an der schlecht einsehbaren Ecke nun jederzeit Autos entgegenkommen können.

Dass auch Autofahrer in alter Gewohnheit weiter vom Belderberg in die Franziskanerstraße abbiegen, macht die Situation dort nicht sicherer. Und nicht nur die Herausforderungen, auch die Meinungen zum Thema bleiben mannigfach. Wie berichtet, haben Geschäftsleute aus der Rathausgasse aus Sorge um ihre Kunden eine Unterschriftenaktion gegen die Sperrung ihrer Straße gestartet. Auch die Bürgerinitiative für eine Lebenswerte Südstadt bleibt bei ihrer Kritik und urteilt mit Blick auf die Rathausgasse: „Die bisherige Testphase führte zu keiner nennenswerten Entlastung.“ Ganz anders sieht es erwartungsgemäß der ADFC und verweist auf die Belange des Fahrradverkehrs.

Sinn und Zweck des „erweiterten Cityrings“ ist es, den Autoverkehr in einem Bogen um die Innenstadt herum, entlang des Hofgartens sowie über Fritz-Tillmann- und Kaiserstraße zum Hauptbahnhof zu führen. Zugleich wird die Beschilderung der Kaiserstraße in Fahrtrichtung Süden als Radweg durch ein Durchfahrtverbot mit Freigabe für den Linien- und Radverkehr ersetzt. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich, weil die bisherige Beschilderung von der Polizei bemängelt wurde.

Damit ist es dann beispielsweise Bussen gestattet, Radfahrer zu überholen. Fahrgäste hatten kritisiert, dass es wegen der Radspuren zu Verzögerungen bei den Bussen komme. Ebenfalls werden die Sonderfahrspuren für den Rad- und Busverkehr in der Maximilianstraße und Am Hauptbahnhof markiert und beschildert. Die gesamte Testphase dauert bis Ende März. Dann wird neu beraten.

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