Kommentar zur neuen Linken-Fraktionschefin Tiefe Gräben

Meinung · Sahra Wagenknecht ist nicht mehr Fraktionschefin der Linken im Bundestag. Ihre Nachfolgerin wird die weitgehend unbekannte Amira Mohammed Ali. Das ist ein Signal aus der Vergangenheit: Die Gräben sind tief, kommentiert Kristina Dunz.

 Amira Mohamed Ali, neugewählte Co- Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, geht mit dem Co-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch nach der Bekanntgabe des Ergebnisses zu einer Pressekonferenz.

Amira Mohamed Ali, neugewählte Co- Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, geht mit dem Co-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch nach der Bekanntgabe des Ergebnisses zu einer Pressekonferenz.

Foto: dpa/Carsten Koall

Sahra Wagenknecht ist nicht mehr die Nummer eins der Linken im Bundestag, die Partei verliert ihre populärste Politikerin. Aber die 50-Jährige will weiter als Abgeordnete arbeiten, öffentlich und in Talkshows auftreten.  Den Zwang zum Kompromiss, dem Fraktionsvorsitzende ebenso unterliegen wie dem Anspruch der Führung, hat sie schwer ausgehalten, Anfeindungen haben sie krank gemacht, sagt sie. Deshalb gab sie das Amt auf. Und womöglich auch, weil ihre Sammlungsbewegung „Aufstehen“ nicht in Gang kam.

Ihre Nachfolgerin Amira Mohamed Ali tritt ein schweres Erbe an. Nicht nur, weil es mühsam ist, aus dem Schatten Wagenknechts herauszutreten, sondern weil deren Zerwürfnis mit Parteichefin Katja Kipping nachwirkt. Die 39-Jährige, die dem Wagenknecht-Flügel zugerechnet wird, muss den Nachlass gerecht verteilen. Sie muss der Linken klar machen: Sie ist eine Erbengemeinschaft. Kein Anhänger der zerstrittenen drei Flügel – um Wagenknecht, um Fraktionschef Bartsch und um Kipping und Co-Chef Riexinger –  kann sich schadlos halten.

Mohamed Ali hat nur eine knappe Mehrheit hinter sich. Das ist kein Aufbruch, sondern ein Signal aus der Vergangenheit: die Gräben sind tief. Das macht die Linke wie alle anderen Parteien mit Personalquerelen unattraktiv. Die Grünen beweisen, wie erfolgreich eine Partei mit einer kollegialen Spitze sein kann. SPD und Linke mit ihrem Dauerchaos in der Führung liegen jedenfalls zumindest in den Umfragen deutlich hinter der Ökopartei. Mohamed Ali sagt, sie wolle alle Genossen einbinden. Aber wenn die junge Niedersächsin Integrationskraft entwickeln soll,  braucht sie die Unterstützung über die Flügelgrenzen hinweg. Die Linke kann mit ihrer neuen Fraktionschefin wachsen – oder zersplittern.

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