Umweltverträglichkeitsstudie zur Rheinquerung Untersuchung zum Projekt Rheinspange liegt vor

Rhein-Sieg-Kreis · Die Umweltverträglichkeitsstudie zur Rheinquerung, die die Autobahnen 555 und 59 verbinden soll, ist fertig. Untersucht wurden zwei mögliche Trassen. CDU und Grüne fühlen sich durch die Ergebnisse bestätigt, die SPD lehnt das Projekt rundweg ab.

 Blick vom Rheidter Werth in Richtung Norden: Es werden diverse Trassen für eine Rheinquerung diskutiert.

Blick vom Rheidter Werth in Richtung Norden: Es werden diverse Trassen für eine Rheinquerung diskutiert.

Foto: Axel Vogel

Die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) für die geplante Rheinspange, die die linksrheinische A555 mit der rechtsrheinischen A59 verbinden soll, liegt vor – und sie zeigt: Es gibt keine durchgängig konfliktarme oder gar konfliktfreie Trasse. Auf 288 Seiten erläutern die Gutachter der beauftragten Bonner Cochet Consult im Auftrag des Landesbetriebs Straßen NRW, welche Faktoren die beiden möglichen Trassen-Korridore im Norden und Süden bestimmen. Die UVS ist Grundlage für die weiteren Entscheidungen zur konkreten Trassenführung und gesetzlich vorgeschrieben.

Gutachter haben alles bis ins Detail aufgelistet

Die Korridore zwischen Immendorf und Libur im Norden sowie zwischen Urfeld und Spich im Süden haben die Gutachter unter Berücksichtigung möglicher „Raumwiderstände“ kartografiert und alles zusammengetragen, was die Flächen charakterisiert – ob es eine dichte Bebauung gibt, ob es sich um besondere Erholungsräume, Rhein-Retentionsflächen oder schützenswerte Räume für Pflanzen und Tiere handelt.

Wie berichtet, will der Landesbetrieb Straßen NRW bis zum Jahresende eine Trasse festlegen. Bei der analytischen Betrachtung spielte daher auch eine Rolle, ob und wo die Rheinspange als Brücke oder Tunnel möglich wäre.

■ Nördlicher Korridor: So ist laut Gutachter beispielsweise im nördlichen Korridor zwischen der A555 in Verlängerung der L150 (Kerkrader Straße) eine Verbindung über den Rhein „aller Voraussicht nach“ nur als Brücke möglich. Denn die Strecke zwischen der A555 im Bereich der Anschlussstelle Godorf und dem Rhein weist keine ausreichende Länge auf, um die für einen Tunnel unter dem Rhein erforderlichen straßenbautechnischen Parameter einzuhalten. Eine Brücke, die über den südlichen Teil des Godorfer Hafens führen würde, sei „aus umweltfachlicher Sicht“ ebenso möglich, wie eine Streckenführung am südlichen Ortsrand von Köln-Godorf.

Umweltverträglichkeitsstudie: Untersuchung zum Projekt Rheinspange
Foto: Grafik: GA

Rechtsrheinisch wiederum sehen sich die Planer mit Naturschutz- und zum Teil einem FFH-Gebiet (spezielle europäische Schutzgebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) konfrontiert, das zudem eine hohe Bedeutung für die Naherholung hat. Das Gebiet östlich des Langeler Rheinbogens bis zur K22 (Langeler Straße) zwischen Köln-Langel und Niederkassel-Lülsdorf ist rechtsrheinisch ein bedeutender Retentionsraum bei Rheinhochwasser. Eine Autobahn könnte an dieser Stelle nur auf entsprechend hohen Stützen gebaut werden. Das wiederum würde nicht nur das Landschaftsbild stören, sondern auch zu Lärmeinwirkungen führen. Schließlich gelte es, den Lebensraum zum Teil gefährdeter Feldvogelarten zu beachten.

■ Südlicher Korridor: Die Tunnellösung ist dagegen im südlichen Korridor aus umweltfachlicher Sicht „die einzige Alternative“, heißt es in der Studie. Linksrheinisch befinden sich das empfindliche Wasserschutzgebiet Urfeld sowie Landwirtschaftsflächen, die auch als Lebensraum diverser Feldvogelarten und der Wechselkröte gelten. Außerdem weisen die Orte Bornheim-Widdig und Wesseling-Urfeld entlang des Rheins „ein geschlossenes Siedlungsband“ auf, was bei einer Brückenlösung zu erheblichen Konflikten führen würde. Das gilt wohl auch rechtsrheinisch für Niederkassel-Ort und -Rheidt. Hinzu komme hier, dass die rheinnahen Bereiche auch als FFH-Gebiet ausgewiesen sind.

■ Reaktionen aus der Politik: „Für Niederkassel sehe ich rot“, so Niederkassels SPD-Fraktionschef Friedrich Reusch mit Anspielung auf die vielen rot schraffierten Flächen auf der Karte in der UVS. Über mehrere Seiten hinweg wiesen Tabellen die Raumwiderstände im Untersuchungsgebiet als „hoch“ und „sehr hoch“ aus. „Das mit der Brücke wird wohl nichts“, meint Reusch und rät, von dem Projekt ganz abzulassen und das Geld lieber für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs einzusetzen. Der Stadtverwaltung werde er empfehlen, Haushaltsmittel für den Klageweg zurückzustellen.

Über die komplette Ablehnung der Rheinspange durch die SPD wundert sich Marcus Kitz, CDU-Fraktionsvorsitzender im Niederkasseler Stadtrat und Kreistagsabgeordneter. „Für eine finale Bewertung ist es noch viel zu früh. Wir fühlen uns vielmehr in unserer Forderung nach einer Tunnellösung bestärkt“, sagte Kitz.

Die CDU-Verbände und Fraktionen aus Bornheim, Niederkassel und Wesseling haben sich für eine Tunnellösung ausgesprochen. Das Gutachten habe dargelegt, wo die Herausforderungen für die Umsetzung der Rheinspange lägen. Aus Kitz‘ Sicht ist indes auch noch nicht abschließend geklärt, welcher der beiden Korridore am Ende für die konkrete Trassenführung infrage kommt. „Eine Lösung im Norden ist nach wie vor möglich – wenn auch technisch und finanziell anspruchsvoller.“ Die Grünen in Niederkassel wiederum sehen ihre „Nulllösung“ bestätigt: nämlich weder einen Tunnel noch eine Brücke zu bauen, weil diese „eine der letzten Grünen Lungen hier in der Region zerstören würde: das Naturschutzgebiet Lülsdorfer Weiden“, heißt es in einer Presseerklärung.

■ Das sagt der Landesbetrieb Straßen NRW zur Studie: „Die UVS hat kein ‚Ergebnis‘ im eigentlichen Sinn, sondern kartografiert mit extrem hoher Genauigkeit nach offiziellen Daten die sogenannten Raumwiderstände wie Wohngebiete, Naturschutzgebiete und so weiter. Diese Daten sind wichtige Grundlagen für die weitere Planung und für die Entscheidung für eine Variante“, sagt Timo Stoppacher, Kommunikationsbeauftragter beim Landesbetrieb.

Wirft das die Planung zurück? „Nein, im Gegenteil: Mit der UVS kommen wir einen großen Schritt voran, weil nun die gesetzlich vorgeschriebenen Grundlagen im Bereich Umwelt für die jetzt vertiefend zu untersuchenden Varianten vorliegen“, so Stoppacher. Der Landesbetrieb Straßen NRW werde nun in Abstimmung mit den Ministerien von Bund und Land „die vertiefend zu untersuchenden Varianten“ festlegen. Lässt sich aus den Raumwiderständen der UVS schon ableiten, welcher der beiden Korridore eher für die Rheinspange geeignet ist? Stoppacher: „Nein, das ist noch nicht möglich.“

Mehr Infos: rheinspange.nrw.de

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